Plötzlich zu viert!
Zwei Tage sollte es noch dauern bis Philine dann in Nairobi landete – erst „Josephine“ („Josie“), dann „Josephine“ („Fine“) und nun „Philine“, ein weiterer Name, der sich in mein Namenspingpong einreihen werden würde. Doch ich war umso aufgeregter, weil Philine die erste sein würde, die ebenfalls eine sehr lange Zeit in Shangilia bleiben würde. Geplant waren mindestens drei Monate und fliegen sollte sie, einen Tag nach ihrem achtzehnten Geburtstag.
Am Tag bevor sie kam wurden (leider – für die Kinder -) Exams geschrieben, die die Schüler wieder auf Schule einstellen sollten. Mir kam das gerade recht, denn ich hatte plötzlich Zeit, einmal einen kompletten Hausputz zu machen und für zumindest ein bisschen mehr Ordnung zu sorgen. Gesagt getan, nachmittags sah dann alles wieder halbwegs bewohnbar aus – für deutsche Standards versteht sich. Am Nachmittag fiel schließlich auch das Skaten aus, weil es ein Mountainbike-Event auf dem Skatepark gab und plötzlich über 30 Biker aus Nairobi und Umgebung jeglichen Platz wegnahmen. Ich nutzte die Zeit, um den neuen Koch William ein wenig besser kennenzulernen, der mir auch direkt anbot, mir Omeletts zu machen – ein Angebot, wo ich an späterer Stelle nochmal zurückkommen werde.
Am nächsten Tag fand dann schließlich die Verabschiedung von Mzee John statt. Alle Kinder versammelten sich vor der Bühne und Stellvertreter der Lehrer, des Staffs, der Kinder und schließlich Njenga richteten ein paar Worte an ihn, ehe schließlich er selbst sich von „watoto wake“ – seinen Kindern verabschiedete, aber gleichzeitig auch versprach, sie hin und wieder besuchen zu kommen. Nach einer kräftigen Umarmung und einigen Fotos sagte ich dann auch „Goodbye“ und bereitete die Ankunft Philines vor, indem ich Guacamole von den Hauseigenen Avocados machte, welche später auch von Mildret und Theresia, eine junge Frau von der University, geschmacklich geprüft wurde, nachdem sie das Zimmer für Philine hergerichtet hatten.
Der Abend verging relativ fix und ehe ich mich versah, stand Philine vor der Tür. Wir quatschten noch ein wenig, aßen Avocadotoast und gingen dann schlafen. Aufgrund der Verabschiedung von John wurde der Skateplan etwas durcheinandergeworfen, dass es dann am Sonntag schon vormittags wirklich losging. Nach einer kurzen Führung übers Gelände ging es dann auch schon richtig los. Philine wurde ebenso eifrig begrüßt wie ich zuvor und nach einer kurzen Zeit hingen auch schon alle Kinder an ihren Haaren (und ich war endlich davon befreit). Während sie also von Kindern umringt auf dem Skatepark saß, rannte ich umher und jagte die Füchse, die versuchten zu skaten, in der Hoffnung, dass mir nicht auffiel, dass sie nicht zur skatenden Klasse gehörten. Nachdem dann alle gefasst waren, hatte ich einen gemütlichen, plötzlich Umarmungsfreien Nachmittag, denn die meisten Kinder, vor allem die kleinen Mädchen, hingen nun an Philine und ihren Haaren. Der erste gemeinsame Abend endete dann mit Chapati und Guacamole.
Am nächsten Tag kam dann Rahel, die hier ein dreiwöchiges Schulpraktikum absolvierte und sich unseren Alltag anschloss, abends aber immer nach Hause zu ihrem Vater fuhr. Abermals waren die Kinder komplett durch den Wind, als plötzlich drei „Mzungus“ – „Weiße“, wie die Kinder uns leider häufig nannten – auf dem Skatepark oder in der Libary saßen.
Den Dienstag nahmen Mildret, Teresia und ich die beiden dann mit zum Markt, wo wir das erste Mal dann einen großen Haufen an Gemüse und Obst kauften. Beladen mit Zwiebeln, Zucchinis, Paprikas, Mangos und einer Wassermelone ging es dann auf einem Boda, den Motorrädern, zurück. Während des Deutschunterrichts kochte ich dann abends eine Onepotpasta, zu der Philine und ich dann noch Mildret, Teresia und Joyce einluden, die alle sehr begeistert von Pasta waren. Sammy brachte uns noch eine Ananas vorbei, aus der wir in den folgenden Tagen Curry machen wollten. So verging die Woche dann mit dem üblichen Programm, nur dass ich nun eben nicht mehr alleine war, sondern wir zu dritt, was einiges erleichterte, aber gleichzeitig auch dazu führte, dass uns von nun an ein Kinderschwarm von zehn bis fünfzehn Kindern folgte.
Donnerstag weihte ich Philine dann in die Tradition des Shamba Cafés ein, indem wir dort Mittag aßen und genossen insgesamt den freien Tag in Shangilia. Am Freitag erfuhren wir und die Kinder dann von einem tragischen Vorfall. Paul, ein ehemaliger Schüler von Shangilia, der im letzten Semester an der KCA University studierte, war bei einem Überfall verstorben. Die Kinder, denen Paul sehr nahestand, weil er sie noch regelmäßig besuchen kam, waren teilweise sehr aufgelöst und wir beschlossen das Deutschprogramm aufs Wochenende zu verlegen. Die Kinder feierten abends einen sehr emotionalen Gottesdienst und am folgenden Donnerstag sollte eine Trauerzeremonie stattfinden.
In der Nacht zum Sonntag traf dann auch Marius hier in Shangilia ein. So waren wir plötzlich zu viert und unser Apartment voller Leben.