Silvester und zwei große Abschiede
Am nächsten Tag war es schließlich soweit: der letzte Tag des Jahres. Auch dieser verging vormittags und nachmittags wie üblich mit Library und Skaten. Währenddessen begannen wir jedoch schon, den Abend zu planen. Wir stellten uns es so vor, da wir planten Pfannenkuchen mit Schokosoße für die Kinder zu machen und einen schönen Film mit allen zu schauen, dass wir nach dem Abendessen so gegen acht den Film zeigten und währenddessen schnell Pfannekuchen machten, sodass danach die Hauseltern ihr Programm starten konnten und wir dann entspannt erst wieder kurz vor dem Jahreswechsel mit dem Countdown zurückkamen. Doch der Plan sollte von sehr vielen Händen zerstört werden.
Mein Laptop für alle war nämlich relativ klein, auch wenn es nur noch etwa 80 Kinder waren und es mit einer vergleichbaren Menge in der Libary schon funktioniert hat. Also planten wir den Beamer der Lehrer ein und zwei größere Boxen, damit der Ton auch laut genug war. Tja, wenn das bloß mit den Anschlüssen geklappt hätte. Um 19:00 Uhr rannten dann alle Lehrer und ich suchend durch die Gegend nach einem passenden Kabel, während Fine schon mal entspannt den Teig anrührte. Wir mussten uns relativ schnell geschlagen geben, sodass dann Andrew von der University sich bereit erklärt hat, mit einem Film zu starten, sodass wir dann später, wenn wir mit den Pancakes fertig waren, unseren Film „Die Schlümpfe“ zeigen konnten. Das mit den Pancakes dauerte dann länger als zunächst vermutet, sodass wir dann erst gegen 22:00 Uhr mit 100 geschnitten und gerollten Pancakes mit Schokosoße in einem Topf in die Dining Hall schritten – meinen Lappy ebenfalls im Schlepptau, um dann endlich den Film zu starten. Doch zu früh gefreut: Andrew hatte schon einen zweiten Film gestartet, den wir nicht unterbrechen wollten, sodass wir nur Pancakes verteilten und dann wieder gingen, nicht ohne jedoch zu versprechen, dass wir später wiederkommen würden.
Die letzten Stunden nutzten wir im Apartment mit dem Essen von Mandazi, den übrigen Pancakes und einer Serienfolge. Zwischenzeitlich riss ich noch Joyce aus dem Bett, um ihr ebenfalls ein paar Pfannenkuchen zugeben. Zehn vor zwölf marschierten wir dann wieder zu den Kleinen und beteten mit Mathew. Schließlich zählten wir die letzte Minute runter bzw. einige wenige, die das runterzählen noch nicht so verstanden haben, hoch. Die letzten 20 Sekunden schafften wir aber gemeinsam und plötzlich waren wir im neuen Jahr. Jetzt war die Hälfte meiner Zeit offiziell vorbei!
Man könnte meinen, nach einem kurzen Drücken und „Happy New Year“ wäre es geschafft und unser Arbeitstag, der schon satte 14 Stunden ging, wäre vorbei. Aber nein: Die älteren Highschooler machten uns einen Strich durch die Rechnung, denn sie fingen an mit Böller und Stahlwolle gefährlich nah an den kleinen Kindern herumzuhantieren, dass diese teilweise vor Angst zu weinen anfingen. Nachdem also Sammy, Mildret, Fine und ich ausschwärmten, um die älteren Kinder von ihren dummen Ideen abzuhalten, fing Matthew an das neue Jahr mit einem Gebet zu beginnen. Als dann nach etwa zehn Minuten wieder alles unter Kontrolle war und Mildret und ich Kinder vom Skatepark zurück in den Dom scheuchten, stellten wir fest, dass wir uns noch gar kein frohes neues Jahr gewünscht hatten und holten das schnell nach.
Kurze Zeit später verabschiedeten Fine und ich uns von den Kindern. Fine ging zurück ins Apartment, ich zum Skatepark, auf die kleine Tribüne, um womöglich etwas von den Feuerwerken aus der City zu erspähen, die man in der Ferne hörte. Doch wirklich viel gab es nicht zu sehen. Ich rief dann meine Eltern an, die noch in 2021 festsaßen und unterhielten uns zwischen zwei Jahren. Ich wünschte ihnen noch einen guten Rutsch und machte mich dann auch auf den Weg zurück.
Am folgenden Tag verließ uns dann Mzee John, der alte Koch Shangilias, der in letzter Zeit häufig für mich und Fine kochte und der schon seit Beginn meiner Zeit wöchentlich mit mir kochte und mir einiges beibrachte. Ein sehr rührender Abschied, nicht nur für mich. In der folgenden Woche, wenn die Kinder alle aus den Ferien wiederkamen, wollte er jedoch nochmal kommen, um sich von allen zu verabschieden.
Und auch die Zeit mit Fine neigte sich dem Ende zu, die nur noch für eine halbe Woche bleiben sollte. Glücklicherweise konnte sie die meisten der Kinder nochmal sehen, weil sie am Dienstag zur Schule wiederkamen. Die letzte Zeit nutzte sie noch intensiv mit den Kindern. Am Dienstag wollte Fine dann unbedingt nochmal Chapati machen, bevor es zurück nach Deutschland ging und sie nutze die freie Nachmittagsstunde, um den Teig zu kneten und in Formen zu rollen, die Zimtschnecken ähnlichsehen. Am Abend wurden diese dann dünn und rund gerollt, bevor sie schließlich in der Pfanne landeten. Ich machte in der Zeit dann noch ein wenig Bruschetta und fertig war das Abendbrot. Wir hatten deutlich mehr Chapati als wir essen konnten, so wurde der Rest an die Küche, Joyce und Teacher Ken verteilt, die Fines Chapati alle sehr lobten. Sie selber war etwas selbstkritisch und meinte, sie hätte schon bessere gemacht, aber mal ganz ehrlich: Nach zwei Jahren außer Übung – dafür waren sie schon ziemlich göttlich.
Zwei Tage später war es dann Zeit für sie, zurück nach Deutschland zu fliegen, um weiter fleißig zu studieren. Morgens frühstückten wir noch im Shamba Café und nachmittags sagte sie dann abermals „Kwaheri“ und verabschiedete sich mit etwas Süßem. Erneut saß ich allein im Apartment – irgendwie kannte ich das Gefühl schon – doch es sollte ja nicht mehr lange dauern, bis das Zuhause der Volontäre richtig voll werden sollte.