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17 November 2019

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17 November 2019

Blogeinträge Fine

17 November 2019

Der Anfang zu viert

Als ich am 17. September in Shangilia ankam, war die Konstellation der Volontär*innen hier noch eine andere: Ricardo war schon zwei Wochen vor mir angekommen, genauso wie Josie, die den letzten Blogeintrag geschrieben hat und Beate, eine wundervolle Förderschullehrerin aus dem Emsland, die etwa anderthalb Monate nochmal fachspezifischer hier freiwillig gearbeitet hat, als wir Abiturient*innen und Studierende es so vermögen. Ich verbrachte meine ersten zwei Wochen in dieser tollen Kombination und die drei halfen mir dabei, mich nicht nur schnell zurechtzufinden und einzugewöhnen, sondern mich auch direkt zuhause zu fühlen. Ich wurde fachmännisch herumgeführt, den Kindern vorgestellt (obwohl die sich auch gut jedem neuen Menschen selbst vorstellen, wenn sie möchten) und in die Arbeit eingewiesen, die wir hier leisten; allem voran die Mathenachhilfe und die Gestaltung der Nachmittage der Kinder. Ziemlich schnell lief ich nicht mehr nur mit Josie und Ricardo mit, sondern machte auch selbstständig den Skatepark oder die Bücherei auf oder setzte mich abends noch zu den Kindern in den Schlafsaal, um ihnen eine Gute-Nacht-Geschichte vorzulesen.

In den zwei Wochen in dieser Konstellation erlebten wir einiges zusammen, darunter eine für uns sehr ungewöhnliche Geburtstagsfeier. Die Tochter von Teacher Peter, der einer derjenigen Lehrer ist, die auf dem Shangilia-Gelände wohnen, wurde ein Jahr alt. Anders als das bei uns üblich wäre, wurde deshalb eine große Feier mit Familie, Freund*innen und uns veranstaltet. Wir wurden ziemlich von den Predigten der eingeladenen Pastorin und dem großen Buffet überwältigt; wenn so der erste Geburtstag aussah, wie sollte dann zum Beispiel die Volljährigkeit gefeiert werden? Uns wurde dann erklärt, dass alle (Kinder-) Geburtstage so pompös ablaufen…

Ricardos 19. Geburtstag am 24. September sah dagegen sehr anders aus: wie es in der Einrichtung hauptsächlich mit Volontär*innen üblich ist, wurde er vormittags von den Kindern „gewaschen“: ihm wurde, begleitet von einem Geburtstagsständchen von der gesamten Shangilia-Gemeinde, im Innenhof Wasser über den Kopf gekippt und der Körper inklusive Gesichtes mit Matsch eingerieben2. Das Ganze wiederholte sich sehr oft, bis die Kinder zu ihrem Unmut zurück in den Unterricht gehen mussten.

Ein weiteres schönes Erlebnis vor dem Ende unserer Zeit in der Vierer-Gruppe war völlig ungeplant: eines Nachmittags wurden Josie und ich von einer der Töchter von Teacher Ken, der auch einer unserer Nachbarn ist, gebeten, zu Ken zu gehen. In der Annahme, etwas bezüglich unsrer Arbeit besprechen zu müssen, gingen wir in seine Wohnung, um dann dort an Stelle des Lehrers seine zwei die Familie besuchenden Nichten vorzufinden. Diese wollten, wie es hier sonntags üblich ist, Chapati (von den indischen Einwanderer*innen eingeführte, mittlerweile als kenianisch betrachtete Teigfladen) machen und wollten die Gelegenheit nutzen, uns „Mzungus“ (Weißen) diese Kunst beizubringen. Voller Geduld führten sie Josie und mich und später auch Beate und Ricardo, die dazu gekommen waren, durch die einzelnen Schritte. Bis wir das viel Zeit in Anspruch nehmende Essen dann genießen konnten, dauerte es zwar einige Stunden, danach beschlossen wir aber alle, das spezifisch angereicherte Chapati-Mehl auf dem Weg nach Hause zu importieren, um unseren Familien diese Spezialität vorführen zu können.

Kam es mir zwar so vor, als wäre ich schon viel länger als zwei Wochen in Shangilia, weil ich mich so wohl fühlte und jeden Tag so viel passierte, so ging die Zeit mit Josie und Beate im Nachhinein betrachtet doch sehr schnell vorbei. Nachdem wir Josie im Shamba-Café, einer Ruheoase nicht weit von Shangilia, und sie sich von den Kindern mit Pfannkuchen verbschiedet hatte, flog einige Tage später Beate von Nairobi nach Tansania, um den Kilimandscharo zu besteigen. Nach der erfolgreichen Erklimmung verbrachte sie zwar noch einige Tage in Kenia, allerdings nicht mehr als Volontärin in Shangilia, sondern eher touristisch. Somit endete unsere tolle Zeit zu viert bis zu einem geplanten Wiedersehen in Deutschland mit ihrem Abflug ins Nachbarland, passenderweise kam in dem Zeitraum aber Jonas an.

 

Neue Verhältnisse

Passend zur Umstellung unsrer Volontärsverhältnisse durch Jonas´ Ankunft, änderten sich auch unsere Aufgaben: wir haben nun zwei Vormittage frei (am Wochenende sind wir aufgrund des fehlenden Unterrichts mit Mathenachhilfe, Gitarrenunterricht und mehr voll eingespannt), verbringen Zeit mit Christopher (meist June genannt) im Garten oder in der Bücherei, weil er sich aufgrund seiner geistigen Behinderung im Unterricht langweilt oder reparieren Skateboards bzw. schreiben diesen Blog. Prinzipiell ist es so, dass wir dort aushelfen, wo wir gerade gebraucht werden. Fest Pläne gibt es, aber feste Pläne sind immer relativ, Zeitangaben immer flexibel und Dinge allgemein wenig vorhersehbar sind. Auch weil wir mit Kindern arbeiten und die Regenzeit verfrüht eingesetzt hat, werden Programmpunkte manchmal spontan umgeschmissen oder geändert; so pulten wir z.B. auch schon gemeinsam mit den Kindern Mais aus den auf unserem eigenen Feld geernteten Kolben. Das Nachmittagsprogramm bestehend aus Mathenachhilfe und der Öffnung und Beaufsichtigung des Skateparks und der Bücherei ist von der neuen Schulvorschrift zwar nicht, vom Wetter aber leider natürlich auch betroffen.

Zwar änderte sich selbstverständlich etwas in unserem Miteinander durch Jonas anstelle von Beate und Josie (so war nun nicht mehr Ricardo der Hahn, sondern ich die Henne im Korb und statt auf die zwei Etagen unseres Hauses für Volontär*innen verteilt wie vorher, wohnen wir nun alle gemeinsam unten), wir verstehen uns aber auch in dieser Kombination sehr gut. Lange blieben wir sowieso nicht zu dritt, denn fast zeitgleich mit Jonas kam Anja Faber, die Vorsitzende von Shangilia Deutschland e.V. an und zog über uns ein und kurz danach wurde unsere deutsche Gruppe um zwei andere ehemalige Volontär*innen erweitert: für zweieinhalb Wochen sind gerade Felix und Anika zu Besuch. Auch mit den beiden ist die Arbeit super; die Erfahrung der beiden, die im letzten Jahr für ein knappes halbes Jahr in Shangilia waren, hilft uns Neulingen sehr und mich persönlich beeindruckt vor allem sehr, wie gut die beiden (immer noch) alle Namen der über hundert hier lebenden Kinder kennen.

Gemeinsam mit Felix und Anika sind weitere schöne und bewegende Momente (und dank Anika auch tolle Fotos dazu) entstanden; zum Beispiel, als es nicht über uns, aber nicht weit entfernt von Shangilia regnete, während die Sonne schien. Während wir mit den Kindern die entstandenen Regenbögen bestaunten, wurde mir erklärt, dass man den Kindern in Kenia erzählt, dass in jedem dieser Momente irgendwo ein Löwenbaby (ein kleiner „Simba“) geboren wird. Oder als ein Junge völlig verzweifelt war, weil ein anderer Junge mit seiner Armbanduhr gespielt und diese dann verloren hatte. Da der Besitzer der Uhr für die bald anstehenden Sommer- bzw. Weihnachtsferien zu seiner Familie fahren sollte und sein Vater ihm Prügel angedroht hatte, falls etwas mit der Armbanduhr passieren sollte, war er dementsprechend aufgelöst auf der Suche nach ihr. Vor allem, weil wir wenig weiter tun konnten, als ihn an einen Lehrer zu vermitteln, berührte uns alle diese Geschichte sehr.

Zwei weitere besondere Ereignisse fanden ebenfalls im Beisein von Felix und Anika statt; zum einen bekam Shangilia an einem passenderweise verregneten Sonntag Besuch von einem Storyteller (Geschichtenerzähler). Der Brite, der schon lange in Deutschland lebt und dort, unter anderem auf dem Esslinger Weihnachtsmarkt, arbeitet, war über Kontakt zur kenianischen Theaterakademie in verschiedenen kenianischen Schulen zu Gast. Er begeisterte während der schauspielerisch angehauchten Darstellung von drei Fabeln nicht nur sein Publikum, sondern war vor allem unglaublich begeistert, gerade zu gerührt von der Aufmerksamkeit und dem Interesse unserer Shangilia-Kinder und der in der Einrichtung herrschenden Stimmung. Auch deshalb hatten auch wir viel Freude während seines Besuchs.

Zum anderen fuhren Anja, Anika, Felix und ich in Begleitung von Teacher Ken eines Morgens in den an unseren Nachbarslum angrenzenden größeren Slum Kangemi, um in der dortigen staatlichen Schule Mathetests durchzuführen. Im Zuge einer Studie der Expertin für Dyskalkulie- und Rechenschwäche, Lilo Gührs, die sich die Effizienz der von ihr entwickelten und in Shangilia genutzten Methode zur Erarbeitung der Grundrechenarten anschauen wollte, testeten wir eine Auswahl der Erst- bis Viertklässler*innen mit dem Test, der auch bei uns durchgeführt worden war. Meine Begleiter*innen hatten die Schule alle schon mindestens ein Mal gesehen, für mich hingegen war es recht schockierend zu sehen, unter welchen Bedingungen die Kinder an staatlichen Schulen lernen: fast vierzig Schüler*innen saßen teilweise in einem Klassenraum zu mehreren an kleinen Tischen mit engen Bänken und im Schulhof hätten wahrscheinlich nur schwerlich alle Kinder gleichzeitig Platz gehabt. Dagegen wirkte unser Gelände mit Skatepark fast dekadent und der Vergleich war für mich sehr gut, um erneut zu realisieren, wie gut es unseren Shangilia-Kindern im Vergleich zum Durchschnittslernenden und aufgrund vieler toller Menschen geht.

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