Ein paar linguistische Beobachtungen (Teil 2)

 

Nachdem ich im letzten Beitrag ein wenig zu den Verwicklungen der Sprachen hier erklärt hab, geht es in diesem mehr um die Namen in Shangilia, die auch erwähnenswert sind und ich stelle euch noch ein paar schöne Zitate vor. Wie vielleicht bekannt, ist es in Kenia üblich, dass man Kindern einen christlichen (im Regelfall englischen) Taufnamen gibt, dem noch mindestens zwei weitere Vornamen folgen. Das Prinzip mit den Nachnamen habe ich bis heute nicht so richtig verstanden: sie hängen auf jeden Fall mit den Namen der Eltern zusammen, welcher Name der Eltern benutzt wird, wann der Name der Mutter und wann der des Vaters benutzt wird und ob die ganze Familie (auch die Mutter?) dann diesen Namen annimmt, ist mir nicht wirklich klar, ist aber vielleicht auch nicht festgeschrieben.
Dieses System führt dazu, dass auch wir Deutsche ständig nach unserem „second name“ gefragt werden (ja, auch nach fast fünf Monaten noch…). Da viele in Deutschland, darunter auch Jonas, aber nur einen Vornamen haben, führt das immer wieder zu Verwirrungen und ich war noch nie so froh darüber, einen Zweiten zu haben. Diese mehreren Vornamen führen aber auch noch zu anderen Verwirrungen, denn da die Kinder eben mehrere Namen haben, werden sie auch nicht immer gleich genannt: im Unterricht (wie schon erwähnt wird dort Englisch gesprochen) werden die meisten  Kinder bei ihrem Englischen genannt und uns als Menschen, die des Kisuaheli nicht mächtig sind, werden sie auch mit diesen Namen vorgestellt. Nachmittags, bzw. außerhalb des Schulkontextes sieht das Ganze aber völlig anders aus: auf einmal fliegen einem kisuaheli Namen um die Ohren und war man sich vorher des Wissens einiger Namen sicher, hat es damit plötzlich ein Ende. Aus dem Grund ist am praktischsten, man lernt von vorne rein immer mindestens zwei Namen der Kinder. Wirkt das vielleicht auf den ersten Blick anstrengend, so ergibt sich daraus noch ein anderer Vorteil bei einigen Kindern: einige Namen sind in Shangilia sehr häufig vertreten. Die Spitzenreiter bei den Mädchen sind dabei unter anderem Esther (mindestens fünf) und Rose (mindestens), bei den Jungs kam letztens z.B. der fünfte Joseph hierher. Wenn man dann zumindest bei einigen noch einen Folgenamen kennt, kann man diese Kinder wesentlich besser zuordnen.
Ein weiterer Vorteil für die Kinder mit den häufigen Namen sind Spitznamen, die für uns leider wieder eine Herausforderung darstellen können, wenn wir die Kinder erst unter einem anderen Namen kennen. So wird der eine Joseph (dessen zweiter Vorname Mwangi zu den häufigsten auf Kisuaheli bei uns gehört, wir haben sogar zwei Joseph Mwangis – wie gut, dass es Drittnamen und/oder Spitznamen gibt!) „Fundi“ genannt: das bedeutet Handwerker und er wird so genannt, weil er es als ganz kleiner Junge (nun ist er in der fünften Klasse) liebte, mit unserem Spielzeug-Baukasten herumzuwerkeln – gut für uns! Auch wird einer unserer Jungs „Massai“ genannt, obwohl er eigentlich zu den Stämmen der Kamba und der Kikuyu gehört, denn er spräche und liefe wohl so schnell wie die Angehörigen der bekannten, hier sehr wenig vertretenen Massai.

Zu den englischen Namen lässt sich auch noch einiges erzählen: bleibt die Tradition aus britischen Tagen zwar bestehen, so ist sie trotzdem nicht immer beliebt, weshalb manche dieser Namen im Gesprochenen so verändert, dass sie „weniger englisch“ klingen. So wird ein Paul hier manchmal zum Paulo oder aus Hilda wird Aida (ganz verwirrend!). Genauso gibt es auch bei den Schreibweisen Unstimmigkeiten: Namen wie Laizer sieht man auch mal Laizah geschrieben (was jetzt richtig ist, weiß ich bis heute nicht), was oft mit Unklarheiten in den verschiedenen Dokumenten der Kinder zusammenhängt, in denen die Kinder auch oft unterschiedlich geschrieben werden. Das h bereitet auch hier wieder (wie im letzten Beitrag beschrieben) Probleme: Hildah habe ich so zum Beispiel noch nie gesehen. Übrigens werden hier nicht nur klassische englische Namen vergeben, sondern auch viele mit Bedeutungen: einerseits die christlich angehauchten wie Puritiy, Innocent (von wegen) oder Immaculate (hier mit E am Anfang…), andererseits haben wir hier auch eineN Hillary Clinton. Kann man Hillary zwar auch als Jungennamen nutzen, so ist die Anspielung auf eine Frau hier schon recht deutlich – man wird bei der Namensgebung eben auch mal von den Nachrichten inspiriert. Der Mädchenname, den ich hier übrigens am schönsten finde ist Kamara (vom arabischen Wort für Mond abgeleitet) und bei den Jungs gibt es zwei Brüder mit meiner Meinung nach sehr schönen Kisuaheli Namen: Alikiba und Jabali, welchen ihr schöner findet, müsst ihr für euch entscheiden.
Zum Abschluss meiner Ausführungen zu Sprachangelegenheiten noch ein paar meiner gesammelten Zitate verschiedenster Menschen hier, die vielleicht auch einen kleinen Eindruck in Denkweisen, Gewohnheiten und die Sprache geben können: Als der erwähnte Erstklässler Jabali zum Beispiel von Ricardo gekitzelt wurde, erklärte er ihm: „I´m your computer!“ und mir erklärte er eines Tages: „You have brown eyes today! All the people of Germany have blue eyes!“ Als ich mit Grace, einer College-Abgängerin, die auf einen Job wartet, etwas aus meinem Zimmer in unserer Wohnung holte, entstand folgende Unterhaltung: „Do you sleep here alone?“ – „Yes.“ – „Ooh, I would be scared!!!“ Und Isaac, einer unserer Clowns, verkündete letztens: „Next year, I will go to Germany!“. Auf die Frage hin, aus welchem Grund er dorthin wollen würde, kam dann: „To eat snack!“ So, jetzt haben wir die Sprachen vorerst abgehakt und ich hoffe, es hat euch gefallen. Nach so vielen themenbezogenen Beitragen ist es hoffentlich legitim, wenn ich euch im nächsten Blogeintrag ereignistechnisch wieder auf den neusten Stand bringe, denn es ist viel passiert!