Unsere WG
Heute stelle ich Euch mal alle Volontäre vor: Jonas, Ricardo und mich, Josephine.
Als Jonas ankam behandelten wir ihn selbstverständlich als Neuling. Ich hatte mich nach zwei Wochen so schnell eingelebt, dass ich mich schon ganz erfahren fühlte und Ricardo, als der zuerst Angekommene sowieso. In unserer WG war Jonas dann zwar recht schnell einer von uns, inklusive des abendlichen Kartenspielens und der rotierenden Aufgabe des Spülens. Bei den Kindern hielt sich sein Image des „Neulings“ aber recht lange, was daher kommt, dass er ziemliche Probleme damit hat, Namen zu lernen. Es brauchte eine Weile bis er einen Zugang zu und Autorität den Kindern gegenüber hatte.
Zu Jonas lässt sich außerdem sagen, dass er derjenige von uns ist, der am meisten Spaß am Kochen hat. Er setzte den Trend, dass jede*r Volontär*in mindestens ein Gericht zu unserer Sammlung beisteuert.
Wie schon erwähnt, brachte er außerdem Gitarrenunterricht nach Shangilia und spielt und singt abends abwechselnd in den Schlafsälen noch etwas vor. Von uns dreien ist er zudem derjenige, der mithilfe seines Lautsprechers und Spotify-Accounts auch in der WG und im Skatepark für Hintergrundmusik sorgt. Morgens ist er der, der als letztes aufsteht (bzw. am schwersten aus dem Bett kommt. Das kommt teilweise dadurch, dass er die Abende damit verbringt, die Harry Potter Bücher zu lesen.
Ricardo hat angefangen, einigen Kindern zu zeigen, wie man den American Football, der ewig in unserer Wohnung herumschwirrte, richtig wirft und fängt. Außerdem hat Ricardo, der gerne Hip-Hop hört und selbst manchmal ein bisschen rappt, mit Charles, unserem sehr musikalischen „bis-vor-kurzem-Achtklässler“ am Anfang der Ferien begonnen, einen eigenen Rap zu schreiben. Mit der Hilfe von Jonas und verschiedensten Mädels, die den weiblichen Gesangspart übernahmen, nahmen die zwei den Song dann auch im recht gut ausgerüsteten backstage-Bereich auf.
Von uns dreien ist Ricardo derjenige, der am meisten im Slum Kibagare, unserer Nachbarschaft, akzeptiert wurde. Das liegt zum einen daran, dass er bei unserem Kiosk direkt vor der Tür, bei Nico, Kleinigkeiten, die wir so brauchen kauft. Zum anderen versteht er sich sehr gut mit Meshak, einem Community-Jungen, der direkt an Shangilia angrenzend wohnt. Dadurch kennen mittlerweile ziemlich viele der im Slum lebenden kleinen Kinder Ricardos Namen und erkennen ihn auch, was wirklich etwas Besonderes ist.
Mich selbst zu beschreiben fällt mir ein wenig schwer, zwei Dinge stehen aber fest: zum einen, dass ich die schlechteste Köchin von uns dreien bin. Das Gemüse zu schneiden macht mir nichts aus, aber vor den Herd stellt sich besser und lieber einer der Jungs. Zum anderen hat sich am Erzähl- und Telefonierverhalten schnell gezeigt, dass ich der größte Familienmensch von uns bin. Vor allem zu meiner jüngeren Schwester (Shout-out an Pauli!) habe ich ein recht deutlich engeres Verhältnis als Jonas und Ricardo.
In der neuen Konstellation bin ich nun die einzige Vegetarierin, Nichtraucherin (bei den Jungs gelte ich dafür als schokoladensüchtig – stimmt gar nicht!!) und weibliche Freiwillige. Ich darf bestimmt halbwegs objektiv sagen (die Jungs wissen, dass ich das nicht böse meine), dass ich zudem eine Art managende Position in unserem Dreiergespann übernommen hab´. Ist meine Art, Dinge möglichst vorausschauend zu planen, so hilft sie uns dreien manchmal weiter, denn die Jungs sind etwas spontaner veranlagt. Wie schon erwähnt bin ich bei uns der Bücherei-Mensch geworden und hab auch einen Buch-Club ins Leben gerufen. Zudem hatte ich schon genau eine Kisuaheli-Unterrichtsstunde bei Ken und versuche auch im Umgang mit allen hier (mit den jüngeren Kindern fällt es am leichtesten), die Basics der Sprache zu lernen.
Zu dritt spielen wir oft abends zusammen Karten (oder ich lese, während die Jungs neben mir spielen) und können gut über das sprechen, was uns so bewegt, vor allem bezüglich unserer Erfahrungen mit den Kindern. Wir essen zusammen und haben uns als ein ziemlich gutes Chapati-Team entpuppt und dafür von Meshaks Oma sogar schon das Lob der „besten Chapatis ihres Lebens“ erhalten.
Weil wir uns zu dritt so gut verstehen, war es Ende November, in der Mitte der Ferien, nicht nur für die Kinder, sondern auch für Jonas und mich schade, Ricardo zu verabschieden.
Ricardo hatte zum Glück die letzten Wochen mit den Kindern und in Nairobi ausgenutzt. So konnte er recht entspannt mit unserer Hilfe an seinem letzten Tag eine eigene Erfindung als Abschiedsgeschenk vorbereiten: er hatte festgestellt, wie gut Mandazis mit Marmelade schmecken und so bestäubten wir Massen dieses Gebäcks auch noch mit Puderzucker und verteilten sie, die nun sehr nach Berlinern schmeckten, an die Kinder. Vorher hatten sowohl unser Koch John, Ricardo selbst und einige Kinder etwas zum Abschied gesagt und die Kinder hatten für ihn gesungen.
Nachdem er dann von den Kindern in einem Berg aus Umarmungen vergraben wurde, verabschiedeten auch wir drei uns gerührt voneinander. Fast die Hälfte von Jonas´ und meiner Zeit in Shangilia und ein Großteil der von Ricardo hatten wir zusammen verbracht, da wir in Deutschland aber alle recht nah beieinander wohnen, lässt sich ein Wiedersehen in der Zukunft leicht organisieren.
Somit fing dann die Adventszeit für Jonas und mich zu zweit an, aber darum geht es im nächsten Beitrag.